Fachgerecht, schnell und sicher

Teil 1 – Pilze und Ihre Bedeutung für die Baumstatik

Veröffentlicht in STADT UND GRÜN, Heft 7 (2000), S. 477-484, Patzer-Verlag

Baumschäden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, können im Vorfeld des Baumversagens in der Regel an bestimmten Schadsymptomen erkannt werden. Eindeutige statikrelevante Schadsymptome sind dabei von meistens unbedeutsamen Symptomen, wie zum Beispiel biologisch bedingten, abzugrenzen. Hinsichtlich der Baumstatik gibt es nur acht bedeutsame und eindeutige Schadsymptome. Werden diese erkannt, kann das Gefährdungspotential sicher eingeschätzt werden. Diese Einschätzung beruht insbesondere auf den Erfahrungen aus statikintegrierten Baummessungen sowie Gerichts- und Versicherungsgutachten zur Ursachenermittlung von Baumversagen.

Biostatische Baumkontrollen haben seit langem ihre Praxistauglichkeit bewiesen. Das nachfolgend vorgestellte Handlungskonzept versteht sich als Wegweiser für Baumkontrolleure. Aufgrund der Zusammenführung von Biologie und Statik ist die biostatische Baumkontrolle ein sicheres Instrument zur Vermeidung vorhersehbarer Schäden durch Bäume und zur Schonung des Baumbestandes.
In Teil 1 wird das wichtigste eindeutige Schadsymptom, Pilzfruchtkörper, sowie ihre Bedeutung für die Baumstatik, vorgestellt. In Teil 2 des Aufsatzes werden die sieben anderen eindeutigen Schadsymptome beschrieben und in Teil 3 hinweisende Symptome/Anzeichen behandelt.

Kontrollwerkzeuge und Schadsymptome

Die drei Kontrollwerkzeuge Der Baumkontrolleur benötigt lediglich 3 Werkzeuge zur Durchführung biostatischer Baumkontrollen:

  1. Stechbeitel (Abklopfen und Überprüfen des Stammfußes bei Verdacht auf Fäule),
  2. Fernglas (Beurteilen von Symptomen in der Krone),
  3. Zollstock (Messen der Tiefe von Höhlungen/des Stammdurchmessers).

Vorhersehbares Baumversagen läßt sich bei Beachtung der nachfolgenden acht eindeutigen Schadsymptome weitgehend ausschließen.

  1. Pilzfruchtkörper holzabbauender Arten,
  2. abgestorbene Rindenpartien/Einwallungen (Hinweis auf pilzbedingte Fäule),
  3. tiefreichende Höhlungen,
  4. V-förmige Vergabelungen,
  5. Astbruch beziehungsweise angebrochene Stämme,
  6. verlassene Spechthöhlen,
  7. Totäste in der Krone und
  8. Stammnahe, konzentrisch verlaufende und aufklaffende Bodenrisse.

Ein eindeutiges Schadsymptom ist stets ein sicherer Hinweis auf einen statikrelevanten Schaden. Es darf nicht übersehen werden. Daneben können hinweisende Symptome auf baumstatische Probleme deuten. Zumeist sind sie jedoch hinsichtlich der Stand-/Bruchsicherheit ohne Belang. Auf hinweisende Symptome wird in Teil 3 dieses Beitrages eingegangen.
Baumversagen ist nicht immer vorhersehbar. Es können sowohl intakte Bäume versagen als auch Bäume mit Vorschäden, die bei der Sichtkontrolle nicht feststellbar waren. Vorhersehbares Baumversagen geht in der Regel mit einem der oben genannten acht eindeutigen Schadsymptome einher.

Pilzfruchtkörper holzabbauender Arten

Erstes und wesentliches Schadsymptom am stehenden Baum sind die ausgebildeten Pilzfruchtkörper holzabbauender Arten. In der Regel treten sie erst viele Jahre nach einer bedeutsamen Schädigung auf, wenn die Holzzersetzung bereits weiter fortgeschritten ist. Ausgangspunkt von Holzzersetzungen sind fast immer Verletzungen. Stadtbäume sind meist im Wurzelbereich vorgeschädigt. Das Mycel holzzerstörender Pilze „arbeitet“ sich von den Kappungsstellen der Wurzeln im Laufe der Jahre immer weiter vor bis zum Stamm. In diesem Fall erscheinen die Pilzfruchtkörper zuerst am Stammfuß zwischen den Wurzelanläufen.

Desweiteren können Pilzfruchtkörper an Schadstellen an weiter oben liegenden Baumteilen auftreten. Eintrittspforten waren dann meist Anfahrschäden, Astabschnitte, Kronenanker etc. Ungeachtet der Pilzart lassen die verschiedenen Befallsbilder bereits erste Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit zu.

1. Auftretensort

Ist ein pilzbefallener Stammfuß stark verbreitert (kräftige Wurzelanläufe, Wurzelplatte), so ist der Baum meistens noch sicher. Bei „normaler“ Wurzelanlaufbildung kann Kipp-/Bruchgefahr bestehen. Ist eine nur schwache oder sogar keine Verbreiterung der Stammbasis feststellbar, ist der Pilzbefall in der Regel verkehrsgefährdend. Bestandsbäume, die schlank und hoch gewachsen sind, weisen grundsätzlich geringe Sicherheitsreserven auf, frei gewachsene Bäume mit ihrer eher gedrungenen Baumform verfügen im Vergleich dazu über wesentlich höhere Sicherheitsreserven (unterschiedlicher Sicherheitsfaktor).

2. Baumform

Wächst ein Pilzfruchtkörper am Stamm oder in der Krone durch die intakt erscheinende Borke hindurch, muß von einer umfangreichen Fäule ausgegangen werden. Beim Auftreten an Astungswunden oder oberflächlichen Stammschäden kann eine nur örtlich begrenzte Fäule vorliegen. Treten Pilzfruchtkörper örtlich zusammen mit einem weiteren eindeutigen Schadsymptom auf, daß heißt an tiefreichenden Höhlungen oder an verlassenen Spechthöhlen, besteht erhöhte Bruchgefahr. Dies gilt insbesondere für den Bereich V-förmiger Vergabelungen.

3. Befallsstadium/Baumgröße/Baumart

Im Anfangsstadium der Fruchtkörperbildung sind viele Bäume noch sicher. Als Anfangsstadium definiert der Verfasser das erstmalige Auftreten von einem Pilzfruchtkörper.
Im fortgeschrittenen Befallsstadium, d.h. wenn Pilzfruchtkörper zumindest an zwei Stammseiten auftreten oder wenn sie an einer Stelle gehäuft erscheinen beziehungsweise wenn sie schon seit vielen Jahren auftreten, besteht erhöhte Kipp-/Bruchgefahr.
Im weit fortgeschrittenen Befallsstadium erscheinen Pilzfruchtkörper an drei und mehr Stammseiten beziehungsweise massiv gehäuft zumindest an einer Stelle. Meistens besteht dann Kipp-/Bruchgefahr (Ausnahme vor allem Riesenporling an Rotbuche).
In diesem Befallsstadium sind Bäume nur noch dann sicher, wenn sie frei gewachsen und bereits gekappt sind und/oder wenn sie sich durch hohe Materialfestigkeiten und gutes Abschottungsvermögen auszeichnen, wie Stieleiche, Esche, Platane.

Desweiteren spielt die Aggressivität der Pilzgattung/-art eine bedeutsame Rolle. Die verschiedenen Befallsstadien im nachfolgenden Text beziehen sich jeweils auf die für den Baumkontrolleur feststellbare Pilzfruchtkörperbildung.
Bekannterweise kann ein Pilzbefall im Baum schon Jahrzehnte gedauert haben, bevor erste Pilzfruchtkörper gebildet werden. Außerdem ist das Befallsbild je nach Pilzart unterschiedlich, diese Einteilung in drei Befallsstadien also nur ein grobes Raster.

Im einzelnen hängt die Gefährlichkeit eines Pilzbefalles hinsichtlich der Baumstatik ab von

  • Pilzart
  • Befallsstadium
  • Ort des Auftretens
  • Baumart
  • Baumgröße (Verhältnis Windangriffsfläche zu Stammdicke)
  • Baumform (Wurzelanläufe, Bestandsbaum/frei gewachsen)

Die gefährlichsten Pilzarten und ihre Erscheinungsbilder je nach Fäulefortschritt muß der Baumkontrolleur kennen. Er sollte auch in der Lage sein, z.B. harmlose Streuzersetzer, die am Stammfuß von Bäumen auftreten können, auszuschließen. Können Pilzfruchtkörper nicht zugeordnet werden, gilt grundsätzlich: Vorsicht!, wenn sie auf dem Holzkörper des Baumes ansitzen.

Die Pilzfruchtkörper der 13 nachfolgenden wichtigsten Gattungen/Arten an Stadtbäumen sollte und zumindest die 11 gefährlichsten muß ein Baumkontrolleur kennen (geordnet nach der Gefährlichkeit/Häufigkeit in 3 Stufen von oben nach unten). Falls Meßerfahrungen mit statikintegrierten Zugversuchen (AfB- und Elastomethode) vorliegen, erfolgt eine Wertung des Pilzbefalles hinsichtlich der Auswirkung auf die Baumstatik.
Die nachfolgende Auswertung beruht insbesondere auf eigenen Praxiserfahrungen der Untersuchung pilzbefallener Bäume und bringt aufgrund der Stand- und Bruchsicherheitsmessungen mit der AfB-Methode und Elastomethode neue Erkenntnisse zur visuellen Beurteilung der Baumstatik, die fester Bestandteil biostatischer Baumkontrollen sind.

Übersicht Pilzart/Auftretenszeitraum und -bereich

Pilzart (Zeitraum der Fruchtkörperbildung. und Auftretensbereich)

  1. Ganoderma applanatum und G. adspersum
    (ganzjährig, mehrjährige Fruchtkörper. Stammfuß/Höhlungen/Stammkopf)
  2. Hypoxylon deustum
    (imperfekte grauweiße Fruchtkörper. von April bis Juni, dann perfektes Stadium, schwarze Färbung, ganzjährig.
    Stammfuß/Höhlungen am Stamm).
  3. Laetiporus sulphureus
    (kurzlebige Fruchtkörper ab Mai bis Herbst, weißliche, entfärbte Fruchtkörperreste können noch bis zum nächsten Jahr ansitzen
    Stammfuß/Stamm/Krone)
  4. Inonotus hispidus
    (kurzlebige Fruchtkörper (Juni bis Sept.), abgestorbene schwarze Fruchtkörper(reste) häufig bis zum nächsten Jahr ansitzend.
    Stamm/Krone)
  5. Meripilus giganteus
    (kurzlebige Fruchtkörper von Juli bis November, zerfallene schwarze Fruchtkörperreste noch etwas länger feststellbar.
    Stammfuß/Baumstandort bis in mehrere Meter Entfernung vom Stamm)
  6. Pholiota squarrosa
    (kurzlebig ab August bis November, eingetrocknete rotbraune Fruchtkörperreste können bis in den Sommer des nächsten Jahres erkennbar sein.
    Stammfuß, da an Stielen, oft einige cm seitlich der Stammbasis auftretend)
  7. Phellinus ssp.
    (ganzjährig/mehrjährig.
    Stamm/Krone)
  8. Piptoporus betulinus
    (ganzjährig, mehrjährige Fruchtkörper.
    Stamm/Krone)
  9. Fomes fomentarius
    (einjährig, das ganze Jahr über feststellbar.
    Stamm/Krone)
  10. Armillaria mellea und A. ssp.
    (kurzlebige Fruchtkörper von Juli bis November.
    Stammfuß/Höhlungen)
  11. Polyporus squamosus
    (kurzlebige Fruchtkörper im Sommer bis Herbst.
    Krone/Stamm)
  12. Inonotus dryadeus
    (Sommer bis Herbst.
    Stammfuß/Stamm)
  13. Fistulina hepatica
    (Sommer bis Herbst, im Anfangsstadium nicht alljährlich.
    Stamm/Höhlungen)

Die Übersicht zeigt die Zeiträume, in denen die 13 wichtigsten Pilzgattungen an Bäumen anhand der Fruchtkörperbildung festgestellt werden können sowie die Auftretensbereiche. Differenzen in der Häufigkeit des Auftretens sind je nach Standort möglich:

Der Zottige Schillerporling zum Beispiel ist eine wärmeliebende Art, die im Rhein-Main-Gebiet allgemein häufiger anzutreffen ist als zum Beispiel im norddeutschen Flachland. Aus der Übersicht wird deutlich, daß die jährliche Baumkontrolle ab August/September durchgeführt und bis zum Winter beendet sein sollte. In dieser Zeit sind die Pilzfruchtköper bzw. deren Reste fast aller statikrelevanten Gattungen feststellbar. Bei größeren Baumbeständen empfiehlt sich ein turnusmäßiger Wechsel.

Die zwei gefährlichsten/häufigsten Pilzgattungen/-arten

Zunächst werden die zwei gefährlichsten Pilzgattungen/-arten und bedeutsamsten Schaderreger unter den holzabbauenden Pilzen an Stadtbäumen genannt. Jeder Baumkontrolleur muß sie kennen. Ein Befall kann hier -wenn Pilzfruchtkörper ausgebildet sind- ganzjährig festgestellt werden.

Lackporlinge (Ganoderma applanatum und G. adspersum u.a.)

Vorkommen an allen Laubbaumarten, am häufigsten an Eiche und Linde, selten an Nadelbäumen. Die Arten sind morphologisch und in Bezug auf das Schadbild ähnlich. Für die Praxis ist eine Unterscheidung nicht erforderlich. Sie gehören zu den gefährlichsten Holzzersetzern überhaupt: Beim Auftreten ihrer Fruchtkörper ist bei noch nicht gekappten Bäumen zunächst mit Kipp-/Bruchgefahr zu rechnen.

Bäume mit sehr dicken Stämmen und/oder gekappte Bäume können noch sicher sein. Die Gefährlichkeit eines Pilzbefalles mit Ganoderma ist außerdem je nach Baumart unterschiedlich. Arten wie die Stieleiche widerstehen noch lange, Linden dagegen offenbar nicht.

Bisher waren alle mit Ganoderma befallenen und gemessenen Linden bruchgefährdet (keine davon war bereits gekappt, alle mit Befall im fortgeschrittenem Stadium), während rund 71 % der gemessenen Stieleichen noch sicher waren (ebenfalls -bis auf 1 Ausnahme- nicht gekappte Bäume und fortgeschrittener Befall).

Eine 18,4 m hohe freistehende Naturdenkmal-Eiche mit einem Stammumfang von 3,45 m wies trotz fortgeschrittenem Befall (Pilzfruchtkörper auf 2 Stammseiten) noch 4,3-fache Bruchsicherheit auf.

Zur Standsicherheit: Die Standsicherheit wurde bei ca. 4 % der gemessenen Bäume nachhaltig beeinträchtigt (Standsicherheitsklasse 3 = grenzwertig standsicher), ca. 10 % aller gemessenen Bäume waren kippgefährdet.

Brandkrustenpilz (Hypoxylon deustum)

Vorkommen an verschiedenen Laubbaumarten, vor allem an Rotbuche und Linde, weniger häufig an Ahorn, Roßkastanie etc. Das Auftreten der Pilzfruchtkörper an der Stammbasis durch die intakt scheinende Borke hindurch ist ein Hinweis auf ausgedehnte Fäulen und Kipp-/Bruchgefahr. Nur rund 20 % der gemessenen Linden mit diesem Befallsbild waren noch bruchsicher.

Haben die befallenen Bäume, vor allem alte Rotbuchen, eine breite Stammbasis mit kräftigen Wurzelanläufen ausgebildet, die als regelrechte Wurzelplatte ausgeformt sein kann, sind die Bäume meistens noch sicher.

Beim Auftreten an Schadstellen im Bereich über den Wurzelanläufen, zum Beispiel an alten Stämmlingskappungen, kann der befallene Baum ebenfalls noch sicher sein.

Ein nicht gekappter Spitzahorn mit Befall in der Anfangsphase bis fortgeschrittenen Phase an einer tiefreichend eingefaulten Stämmlingskappung in ca. 3 m Höhe war noch mit 2,1-facher Sicherheit bruchsicher.

Zur Standsicherheit: Die Standsicherheit wurde bei ca. 8 % aller gemessenen Bäume nachhaltig beeinträchtigt (grenzwertige Standsicherheit), es war jedoch kein Baum kippgefährdet.
Ein Baumkontrolleur einer großen mittelhessischen Stadt berichtete dem Verfasser, daß eine Linde ohne äußerlich erkennbare Symptome abgebrochen war und Sachschäden angerichtet hatte. Anhand der schwarzen Demarkationslinien im inneren des weitgehend abgebauten Stammholzes diagnostizierte er nach dem Baumversagen einen Befall mit dem Brandkrustenpilz.
Einen vergleichbaren Fall des Baumversagens einer Linde hat der Verfasser vor einigen Jahren für ein Straßenbauamt untersucht. In beiden Fällen war das pilzbedingte Baumversagen unvorhersehbar, da keinerlei Schadsymptome ausgebildet waren.
Der Brandkrustenpilz hinterläßt schwarze Begrenzungslinien einzelner Befallszonen im weißfaulen Holz.

Neun weitere gefährliche/häufige Pilzgattungen/-arten

Die nächsten neun weiteren Pilzgattungen/-arten sind ebenfalls bedeutsame und zumeist häufige Schaderreger an Stadtbäumen, die ein Baumkontrolleur kennen muß. Sie sind jedoch zumindest in der Anfangsphase des Befalls grundsätzlich weniger gefährlich als die zwei erstgenannten Gattungen oder nur selten anzutreffen.

Schwefelporling (Laetiporus sulphureus)

Vorkommen insbesondere an Eichen und Robinien, auch an Weidenbäumen, an einigen anderen Baumarten nur selten. Bisher waren auch im fortgeschrittenen Befallsstadium alle gemessenen Eichen stand- und bruchsicher (Standsicherheitsklasse 1, geringster Bruchsicherheitswert = 2,1-fache Sicherheit).

Die untersuchten Eichen wiesen aufgrund ihrer Wuchsform (freistehend) stets hohe Sicherheitsreserven auf, d.h. bei Bestandsbäumen, die in enger Nachbarschaft zu Nachbarbäumen stehen (schlanke, hohe Wuchsform) ist Vorsicht geboten. Ebenfalls bei weit fortgeschrittenem Pilzbefall.

Gemessene freistehende Robinien waren im Anfangsstadium des Befalls stets bruchsicher, erst bei weit fortgeschrittenem Befall bestand stets Bruchgefahr.
Reicht ein fortgeschrittener Befall bis hoch in die Krone besteht die Gefahr von Starkastausbrüchen.

Zur Standsicherheit: Diese wird aufgrund des Befallsschwerpunktes an oberirdischen Baumteilen meistens nicht beeinträchtigt. Lediglich in einem Fall war eine schiefstehende Robinie mit weit fortgeschrittenem Befall bis in den Stammfußbereich hinein kippgefährdet.

Zottiger Schillerporling (Inonotus hispidus)

Vorkommen vor allem an Platane, Esche, Schnurbaum sowie Walnußbaum und nur sporadisch an anderen Laubbäumen (häufig auch an Apfelbäumen, mit denen ein städtischer Baumkontrolleur jedoch nur selten zu tun hat).

Der Pilz kommt fast ausschließlich an alten Astabbruchstellen, Astabschnitten und Kronenankern vor. Außer an den Fruchtkörpern kann ein Befall an den oftmals deutlichen Rindennekrosen an den Überwallungswülsten um die Schadstelle erkannt werden, da der Pilz im Befallsbereich auch das Kambium parasitieren kann.

Der Stämmling einer frei gewachsenen etwa 100-jährigen nicht gekappten Platane in Frankfurt/M. war etwa 10 Jahre nach erster Fruchtkörperbildung noch ausreichend bruchsicher (geringster Bruchsicherheitswert = 1,6-fache Sicherheit).

Drei nicht gekappte, frei gewachsene Eschen wiesen im Anfangsstadium des Befalles am Stamm um 3-fache Bruchsicherheit auf.

Bei einer weiteren Esche dieses Bestandes war in weit fortgeschrittenem Befallsstadium ein horizontal gewachsener Starkast ausgebrochen, der Stamm war noch grenzwertig bruchsicher (1,4-fache Bruchsicherheit). Außer an den zahlreichen Pilzfruchtkörpern, die bereits durch die Borke hindurch wuchsen, wiesen absterbende Kronenteile auf das weit fortgeschrittene Befallsstadium hin.

Eine weitere Esche am selben Standort war in Konkurrenz zu den Nachbarbäumen wie ein Waldbestandsbaum schlank und hoch gewachsen (= geringe Sicherheitsreserven). Der Pilzbefall war im Anfangsstadium bis fortgeschrittenen Stadium. Der Baum war bruchgefährdet. An diesem Baum war außerdem eine Spechthöhle über der pilzbefallenen Stelle.

Fazit: Ausbruchgefahr besteht bei dieser Pilzart erst ab fortgeschrittenem Befallsstadium (abnehmende Vitalität/1 Pilzfruchtkörper schon seit vielen Jahren beziehungsweise gehäuftes Auftreten von Pilzfruchtkörpern). Ausnahmen können schlanke und hoch gewachsene Bestandsbäume mit geringeren Bruchsicherheitsreserven beziehungsweise deren Stämmlinge sowie mehr oder weniger horizontal wachsende Stämmlinge/Hauptäste sein.
Standsicherheitsprobleme wurden wegen der Beschränkung des Befalles auf obere Stammbereiche beziehungsweise auf die Krone bislang nicht festgestellt.

Riesenporling (Meripilus giganteus)

Vorkommen vor allem an Rotbuchen, selten an Eichen, vor allem Roteichen, sporadisch an wenigen anderen Laubbaumarten.

Die Bruchsicherheit des Stammes kann der Pilz offenbar nicht bedeutsam verringern (bisher geringster Bruchsicherheitswert bei weit fortgeschrittenem Befall = 2,7-fache Bruchsicherheit am Stammfuß).

Der Pilz ist ein wurzelbürtiger Fäuleerreger und beeinträchtigt die Standsicherheit. Es waren rund 87 % der gemessenen Rotbuchen standsicher. Entscheidend für die visuelle Beurteilung des Gefährdungspotentials ist weniger der Befallsfortschritt als vielmehr die Wuchsform des befallenen Baumes.
Rotbuchen mit kräftigen Wurzelanläufen, die als regelrechte Wurzelplatte ausgebildet sein können, waren auch bei weit fortgeschrittenem Befall stets standsicher.

Ein etwa 100-jähriger Baum mit weit fortgeschrittenem Befall war bereits am Absterben und noch immer hochgradig stand- und bruchsicher.

Eine etwa 120-jährige freistehende Rotbuche mit sehr kräftigen Wurzelanläufen in Frankfurt/M. ist seit etwa 8 Jahren trotz starker Fruchtkörperbildung zwischen sämtlichen Wurzelanläufen und Absterbeerscheinungen in der Krone immer noch standsicher.

Eine Roteiche mit weit fortgeschrittenem Befall, die schlank und hoch gewachsen war (Bestandsbaum) erwies sich als kippgefährdet, eine Stieleiche mit Befall im Anfangsstadium und gleichzeitigem fortgeschrittenen Befall durch den Tropfenden Schillerporling war stand- und bruchsicher.

Sparriger Schüppling (Pholiota squarrosa)

Vorkommen vor allem an Linde, auch Rotbuche, seltener an Esche, Ahorn etc.

Bisher waren rund 43 % der gemessenen freistehenden Bäume stand- und bruchsicher. Bei diesen sicheren Bäumen war der Pilzbefall stets im Anfangsstadium beziehungsweise im Anfangsstadium bis fortgeschrittenen Stadium.

Bruchgefährdete Bäume wiesen fortgeschrittenen Pilzbefall mit dem Auftreten von Pilzfruchtkörpern auf allen Stammseiten beziehungsweise zusätzlichen Befall mit dem Brandkrustenpilz auf.
Kippgefährdet war keiner der gemessenen Bäume.
Schlank und hoch gewachsene Bestandsbäume sind -wie bereits ausgeführt- anders zu bewerten.

Gar nicht so selten können im Stamm- und Kronenbereich von Laubbäumen, insbesondere Linden, an Astlöchern u.ä. ab Spätherbst bis Dezember die einfarbig gelben, bestielten Fruchtkörper des Goldfellschüpplings (bot.: Pholiota aurivella) festgestellt werden. Der Pilz ist weniger aggressiv und bei vitalen und gut abschottenden Baumarten hinsichtlich der Verkehrssicherheit eher ohne Bedeutung. Bei geschwächten Weichhölzern, wie zum Beispiel Pappeln, kann der Pilzbefall gefährlich sein.

Feuerschwamm (Phellinus ssp.)

Die vielen verschiedenen Arten des Feuerschwamms sind mehr oder weniger auf bestimmte Baumarten spezialisiert. Für den Baumkontrolleur bedeutsam sind der Eichen-Feuerschwamm (an Eichen), der Espen-Feuerschwamm (vor allem an Zitterpappel, selten an anderen Pappelarten) sowie andere Feuerschwammarten vor allem an Weidenbäumen.

Während der Eichen-Feuerschwamm bei seinem Auftreten vor allem an Astungswunden als weniger gefährlich gilt, d.h. Bruchgefahr soll erst Jahre oder gar Jahrzehnte nach dem ersten Auftreten der Pilzfruchtkörper bestehen (dies entspricht auch der eigenen Erfahrung, Meßergebnisse liegen allerdings bislang nicht vor), ist ein Befall durch die anderen Feuerschwammarten an Weichholzarten wie Pappel und Weide stets bedeutsam.

Eine freistehende und nicht gekappte Trauerweide erwiesen sich bei statikintegrierten Zugmessungen als bruchgefährdet. Der Pilzbefall war bereits in weit fortgeschrittenem Befallsstadium.

In einem Berliner Park führte 1986 ein Stämmlingsausbruch aus einem mit Phellinus befallenen Baum zu einem Unfall mit Todesfolge. Der Pilzbefall im Bereich der V-förmigen Vergabelung (2 eindeutige Schadsymptome zusammen!!) hätte bei Sichtkontrollen als gefährlich erkannt werden müssen.

In einem anderen Praxisfall war aus einem größeren Baumbestand aus Silberweiden ein Baum auf einen Parkplatz gestürzt. Sowohl dieser als auch alle anderen Bäume des Bestandes wiesen weit fortgeschrittenen Befall mit Phellinus auf und mußten wegen Kipp-/Bruchgefahr gefällt werden.

Birkenporling (Piptoporus betulinus)

Dieser streng wirtsspezifische Pilz befällt alte, geschwächte Birken, insbesondere unterständige Bäume die unter Lichtmangel leiden. Deshalb ist er eher selten und vor allem in Parkanlagen anzutreffen.

Beim Auftreten von Pilzfruchtkörpern an Bestandsbäumen besteht nach den Erfahrungen des Verfassers stets Bruchgefahr. Häufig deuten abgestorbene Kronenteile auf ein fortgeschrittenes Befallsstadium hin.
Eine Birke mit Pilzbefall in weit fortgeschrittenem Befallsstadium war laut Meßergebnis bruchgefährdet.

Zunderschwamm (Fomes fomentarius)

Vorkommen vor allem an alten Rotbuchen im Wald, selten in Parkanlagen sowie in Ausnahmefällen an einigen anderen Laubbaumarten.

Dieser typische Vertreter von holzzerstörenden Pilzen in Buchenwäldern wird deshalb aufgeführt, da dem Verfasser zwei Fälle pilzbedingten Baumversagens im städtischen Bereich bekannt sind.

In einem Fall war auf einem Privatgrundstück aus einer etwa 100-jährigen Rotbuche mit fortgeschrittenem Befall ein Starkast ausgebrochen und hatte Sachschäden verursacht.

In dem anderen Fall war ein Stämmling mit weit fortgeschrittenem Befall aus einer etwa 120-jährigen Rotbuche, die in einer innerstädtischen Parkanlage steht, ausgebrochen.

Nach diesen Erfahrungen sind freigewachsene Rotbuchen spätestens im fortgeschrittenen Befallsstadium durch den Zunderschwamm bruchgefährdet.
Der Zunderschwamm hinterläßt schwarze Begrenzungslinien einzelner Befallszonen im weißfaulen Holz.

Honiggelber Hallimasch (Armillaria mellea)

und andere Arten
Vorkommen an allen Baumarten (sehr geringe Wirtsspezifität).

Dieser häufige Pilz wird wegen der Kurzlebigkeit seiner Fruchtkörper oft übersehen. Er unterscheidet sich von seinen „Kollegen“ im Befallsmuster:
Während andere Pilzarten den lebenden Splintholzbereich der Bäume zunächst meiden und sich über den Abbau des inaktiven Holzes im zentralen Bereich des Stammes von innen nach außen „vorarbeiten“, ist die Besiedlungsweise des Hallimasch genau umgekehrt:

Er dringt über die Wurzeln oder Verletzungen an der Stammbasis unter der Borke in den Splintholzbereich ein und unterbricht dort die Leitbahnen. Bei wenig vitalen Bäumen tötet der Pilz allmählich weite Bereiche des Kambiums und des Leitbahnsystems ab, in der Folge stirbt der Baum spätestens nach einigen Jahren, ohne daß es zu einer Beeinträchtigung der Stand-/Bruchsicherheit kommt.
Der Befall kann an der sich ablösenden Borke (hohler Klang beim Abklopfen) und dem darunter liegenden weißen, fächerförmigen Mycel sowie den rasch voranschreitenden Absterbeerscheinungen in der Krone erkannt werden.

Vitale Bäume können den Pilzbefall eingrenzen. Gut abschottende Baumarten, wie die Eiche, begrenzen den Pilz dann in seiner Ausbreitung nach allen Seiten.
Weniger widerstandfähige Baumarten wie Fichten und Pappeln können die Ausbreitung des Pilzes in das Stamminnere nicht verhindern, so daß sich im Laufe der Zeit eine umfangreiche verkehrsgefährdende Fäule entwickeln kann.
Dies kann außer an vitalen Fichten und Pappeln seltener auch bei Roßkastanie, Ahorn und Rotbuche vorkommen.

Die älteste Rotbuche Belgiens, die in Brüssel steht/stand, ist unter anderem diesem Pilz zum Opfer gefallen.

Schuppiger Porling (Polyporus squamosus)

Vorkommen vor allem an Roßkastanie, Ahorn und Linde, seltener an einigen anderen Laubbaumarten.

Der Weißfäulerreger gilt zumindest in der Anfangsphase des Pilzbefalles allgemein als weniger gefährlich, erst bei weit fortgeschrittenem Befallsstadium soll Bruchgefahr insbesondere von Ästen aus der Krone, bestehen.

Der Stämmling eines nicht gekappten Spitzahornbaumes ist trotz der Ausbildung von Pilzfruchtkörpern an der eingefaulten Basis seit ca. 3 Jahren nach visueller Beurteilung bruchsicher.

Roßkastanien wiesen ca. 2 Jahre nach ihrer Kappung starken Befall mit Schuppigem Porling auf. Zum Teil waren die ganzen Baumkronen durchwachsen und die Pilzfruchtkörper erschienen außer an den Kappungsstellen auch an alten, eingefaulten Schadstellen. Die Stämmlinge waren nach visueller Beurteilung vor allem aufgrund der durch die Kappung stark verringerten Windlast bruchsicher.

Zwei weitere, weniger gefährliche/häufige Pilzgattungen/-arten

Nachfolgend werden zwei weitere, jedoch hinsichtlich der Stand- und Bruchsicherheit weniger bedeutsame beziehungsweise eher selten anzutreffende holzabbauende Pilzarten aufgeführt (dennoch: Vorsicht spätestens in fortgeschrittenem Befallsstadium).

Tropfender Schillerporling (Inonotus dryadeus)

Vorkommen an Eichen, der Pilz ist selten.

Eine Stieleiche, die seit vielen Jahren die Ausbildung eines großen Pilzfruchtkörpers am Stammfuß zeigt und deren eine Stammhälfte im unteren Stammbereich bereits abgestorben und ausgefault ist, war trotzdem noch hochgradig stand- und bruchsicher (Standsicherheitsklasse 1 und 2,1-fache Bruchsicherheit).
Der Pilz gilt allgemein insbesondere in der Anfangsphase des Befalls als weniger gefährlich.

Leberpilz oder Ochsenzunge (Fistulina hepatica)

Vorkommen insbesondere an Eichen, sehr selten an Eßkastanie und Platane.

Alle bislang gemessenen Eichen waren auch bei fortgeschrittenem Pilzbefall und schwersten Ausfaulungen bis unter etwa 1/30 Restwandstärke gesunden, tragenden Holzes, noch hochgradig stand- und bruchsicher. Es handelte sich jeweils um freistehende und bereits gekappte beziehungsweise allmählich absterbende Naturdenkmalbäume.

Nach den Erfahrungen des Verfassers können bei Kenntnis dieser wenigen Pilze die allermeisten der an Stadt- und Parkbäumen vorkommenden und hinsichtlich der Baumstatik bedeutsamen pilzlichen Schaderreger bestimmt werden. Andere holzzerstörende Pilzarten werden wegen der vergleichbaren Befallsbilder ebenfalls erkannt.

Einige weitere an Stadtbäumen vorkommende Pilzarten

Weitere, jedoch nur selten an Stadt- und Parkbäumen anzutreffende und/oder weniger aggressive holzzersetzende Pilzarten:

  • Der Austernseitling wächst von Oktober bis Dezember an den Wundstellen der Stämme von Linden, seltener an Ahorn, Roßkastanie etc.
  • Die Pilzfruchtkörper des Klapperschwamms sind von Sommer bis Herbst an Stammfuß/Wurzelanläufen alter Eichen feststellbar.
  • Die Schmetterlingstramete kann ganzjährig an Wunden am Stamm und in der Krone von Eiche, Linde, Rotbuche, Roßkastanie etc. festgestellt werden.
    Der Pilz verursacht eine meist lokal begrenzte und hinsichtlich der Bruchsicherheit unbedeutende Weißfäule.
    Eine großflächig am Stamm befallene Linde war noch hochgradig stand- und bruchsicher.
  • Der Eichenwirrling kann an den Astungswunden lebender Eichen beobachtet werden. Der Braunfäuleerreger beschränkt sich in der Regel auf den Abbau des Kernholzes und kann erst in weit fortgeschrittenem Befallsstadium zu Bruchsicherheitsproblemen führen.

Auf die weiteren nur selten vorkommenden holzabbauenden Pilzarten an städtischen Laub- und Nadelbäumen wird im Rahmen dieses Aufsatzes nicht eingegangen.
Ein Baumkontrolleur hat mit dem Basiswissen um die o.g. 11 beziehungsweise 13 wichtigsten Pilzgattungen das notwendige Basiswissen, die gravierendsten und häufigsten Fälle eines statikrelevanten Pilzbefalles zu erkennen und zu bewerten.

Grundsätzlich ist beim Auftreten von Pilzfruchtkörpern der o.g. Holzzersetzer eine meßtechnische Untersuchung der Stand-/Bruchsicherheit erforderlich, auch wenn das Auftreten von Pilzfruchtkörpern parasitisch lebender Arten nicht gleichzusetzen ist mit einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, wie in den Beispielen oben dargelegt.

Der Holzabbau kann je nach Baumart und Pilzart über viele Jahre, sogar über Jahrzehnte, noch „im grünen Bereich“ verlaufen, vor allem wenn es sich um eine wenig aggressive Pilzart handelt, der Pilzbefall noch im Anfangsstadium der Fruchtkörperbildung ist und der Baum über große Sicherheitsreserven verfügt (Stichworte: Dicker Stamm, gekappte Krone) und noch gute Zuwachsraten aufweist (Stichwort: Vitalität).

Literatur:

Butin, H.: Krankheiten der Wald- und Parkbäume. Georg Thieme Verlag 1989

Dujesiefken, D., A. Wohlers und Th. Kowol: Die Hamburger Baumkontrolle – der Leitfaden für eine fachgerechte Baumkontrolle. In: Jahrbuch der Baumpflege, Verlag Bernhard Thalacker 1999

Dujesiefken, D., A. Wohlers und Th. Kowol: Baumkontrolle nach Baumarten differenziert-typische Schadsymptome bei Linde, Eiche und Roßkastanie. In: Jahrbuch der Baumpflege, Verlag Bernhard Thalacker 1999

Jahn, H.: Pilze an Bäumen. Patzer Verlag 1990

Reinartz, H und M. Schlag: Wichtige holzzerstörende Pilze an Straßen- und Parkbäumen. DAS GARTENAMT 9/94

Reinartz, H und M. Schlag: Integrierte Baumkontrolle (IBA). STADT UND GRÜN 10/97

Wessolly, L. und M. Erb: Handbuch der Baumstatik und Baumkontrolle. Patzer-Verlag, 1998

Wohlers, A.: Holzzerstörende Pilze – wichtige Arten an Straßen- und Parkbäumen. In: Jahrbuch der Baumpflege, Verlag Bernhard Thalacker 1998